Schnöde Neue Welt 2020/2021
Die Welt ist immer noch schnöde. Deswegen muss die Veranstaltungsreihe, die ihre Schnödnis kartographiert, auch dieses Jahr wieder stattfinden. Schnöde Neue Welt ist deine Chance, Grundbegriffe linker Gesellschaftskritik kennenzulernen. Schnöde Neue Welt schrubbt den Glanz von der Scheiße. Schnöde neue Welt ist für dich da, wenn du noch gar keine Ahnung hast, enttäuscht dich aber auch nicht, wenn du die Dialektik der Aufklärung als Kopfkissen verwendest. Schnöde neue Welt ist eine Trash-Party ohne Ironie. Erscheint zahlreich!
Aufgrund der aktuellen CoVid-19-Pandemie ist dieses Jahr alles ein bisschen anders als sonst. Bis auf weiteres finden die Veranstaltungen online via zoom statt. Die Zugangsdaten geben wir kurz vor Veranstaltungsbeginn in der dazugehörigen Facebook-Veranstaltung bekannt. Die Übersicht findet ihr hier:
https://www.facebook.com/SchnoedeNeueWelt/events/?ref=page_internal
Und das ist das diesjährige Programm:
Schnöde Neue Welt
10.11.2020 um 19.00 Uhr
Grundlagen der materialistischen Rassismuskritik
mit Lotta C.
Minneapolis, Portland, Detroit: nicht nur in vielen Städten der USA toben derzeit erbitterte Kämpfe, anlässlich der rassistischen Polizeigewalt, die sich vor allem gegen die dort lebende Schwarze Bevölkerung richtet.
Auch in São Paulo, in Bogota, in Süditalien und an vielen anderen Orten der Welt führen Menschen, die marginalisierten "races" zugeschrieben werden - teilweise bewaffnet - soziale Kämpfe.
Im Workshop soll erläutert werden, dass die Arbeitskämpfe von Migrant*innen etwas gemeinsam haben mit Aufständen gegen rassistische Polizeigewalt; dass es sich dabei im Kern um soziale Kämpfe handelt, und warum also grundlegende Fragen nach der gesellschaftlichen (Re-)Produktion und Verteilungsordnung gestellt werden (müssen), wenn diese antirassistischen Kämpfe nachhaltig und erfolgreich sein sollen.
Wir bedienen uns marxistischer Analysetools, um Rassismus als Ideologie und die Kategorie "race" als soziales (Klassen-)Verhältnis zu begreifen und uns so einem materialistischen Rassismusbegriff anzunähern.
-----------------------------------------------------
Zur Referentin: Lotta C. lebt, studiert und arbeitet in Berlin und beschäftigte sich in den letzten Jahren unter anderem mit der Marx'schen Kritik der politischen Ökonomie und einer materialistischen Theorie von Rassismus und Geschlecht.
24.11.2020 um 18.00 Uhr (findet als einzige Veranstaltung eine Stunde früher statt)
Feminismus ≠ Feminismus
mit Nicole Schöndorfer
Was ist das Problem an liberalem Feminismus und Repräsentationspolitik? Nur allzu gerne wird die Illusion des gesellschaftlichen Fortschritts befeuert, wenn Frauen, People of Colour, queere Personen und Menschen mit Migrationsbiografie in wirtschaftliche und politische Führungspositionen kommen.
Die Politik hat es geschafft, Repräsentation als Emanzipation zu verkaufen und erreicht, dass sich viele mit einem “bunteren” Kapitalismus zufrieden geben, während das unterdrückerische Regime an sich so bleibt, wie es ist. Der Aufstieg Einzelner in die schmale Riege der Mächtigen hat nichts mit der notwendigen Befreiung aller zu tun. Liberaler Feminismus und Repräsentationspolitik führen uns an der Nase herum.
-----------------------------------------------------
Nicole Schöndorfer lebt als freie Journalistin und Vortragende in Wien. Seit 2019 gibt es ihre feministischen Inhalte auch im Audio-Format:
https://www.darfsiedas.at/
8.12.2020 um 19.00 Uhr
Burschenschaften & schlagende Verbindungen in Hamburg
mit Felix Krebs
Schlagende Verbindungen, sind das nicht die Männer mit den bunten Mützen und Bändern, die literweise Bier trinken und zu Semesterbeginn billigen Wohnraum und lebenslange Freundschaft versprechen?
Auch in Hamburg gibt es über 20 Korporationen welche einen Anachronismus aus dem vorletzten Jahrhundert pflegen. Besonders bedenklich wird es dort, wo sie inhaltliche, organisatorische oder personelle Verbindungen in die extreme Rechte haben. Anhand des sog. „Hamburger Waffenrings“, dem Zusammenschluss der schlagenden Verbindungen der Stadt, soll die Geschichte und Gegenwart dieser rechten Männerbünde erläutert werden.
-----------------------------------------------------
Felix Krebs ist Teil des Hamburger Bündnis gegen Rechts. Mehr Informationen unter https://www.keine-stimme-den-nazis.org
15.12.2020 um 19.00 Uhr
Verschwörungsmythen und Esoterik - harmlos oder gefährlich?
mit Oliver Rautenberg
Mythen über geheime Mächte und verborgene Verschwörungen gibt es schon seit Jahrhunderten. Durch das Internet mit seinen sozialen Medien und geschlossenen Telegram-Chatgruppen verstärkt sich ihre Verbreitung jedoch deutlich: Gerade Krisen wie die weltweite Corona-Pandemie geben Verschwörungsideologien neuen Aufwind. Es ist daher wichtig, die dahinter stehenden Ideen zu benennen und zu verstehen. Verschwörungsideologien sollten nicht als harmlose Spinnereien abgetan werden, denn sie beschleunigen zunehmend eine Radikalisierung in der Gesellschaft und befeuern eine Ablehnung von Presse, Staat und Wissenschaft. Der von Esoterikern angeführte "Sturm" auf den Reichstag oder der Brandanschlag auf das staatliche Robert-Koch-Institut sind direkte Auswirkungen davon.
---------------------------------------------------------------------
Oliver Rautenberg ist Kaufmann aus dem Ruhrgebiet und beschäftigt sich seit 10 Jahren kritisch mit Esoterik. Als Blogger klärt er in mehr als 1000 Berichten insbesondere über die Schattenseiten der esoterischen Weltanschauung "Anthroposophie" des österreichischen Philosophen Rudolf Steiner auf. Dabei zeigt Rautenberg auf, wie diese vemeintlich ganzheitlich-harmlose Strömung mit ihren beliebten Einrichtungen von Waldorfschulen bis Weleda, Demeter und GLS-Bank esoterische Ansichten fest in der Mitte der Gesellschaft verankert hat. Sein Blog findet sich unter
www.anthroposophie.blog.
19.01.2021 um 19.00 Uhr
Kapitalismus - Krise - Corona
[Ankündigung folgt]
-----------------------------------------------------
Mit Referent*innen der Gruppen gegen Kapital und Nation. Texte und Infos unter www.gegner.in
2.2.2021 um 19.00 Uhr
Kritik der Polizei
mit Moritz Assall
Polizeigewalt – was ist das eigentlich? Laut Vizekanzler Olaf Scholz vor allem „ein politischer Kampfbegriff“, denn „wer das Wort Polizeigewalt in den Mund nimmt, (…) der diskreditiert die Polizei als Ganzes“. Von Polizeikritiker:innen hingegen wird Polizeigewalt meist als Ausnahme oder kurzfristige Abweichung von rechtsstaatlicher Normalität aufgefasst. Kritik an der Polizei wird demnach dann laut, wenn polizeiliches Handeln den Rahmen des Rechts überschreitet oder einer hinreichenden Rechtsgrundlage ganz ermangelt. Wir wollen uns – ausgehend von Walter Benjamins „Kritik der Gewalt“ – die Frage stellen, ob Formen polizeilicher Gewalt nicht eher Ausdruck einer allgemeinen Verselbstständigung der Polizei sind. Wie eng ist die Bindung rechtlicher Zwecke und polizeilichem Handelns in der Praxis? Kann die Polizei der rechtsstaatlichen Idealvorstellung überhaupt gerecht werden, oder sieht sie sich darin strukturellen Widerständen ausgesetzt? Wo enden rechtlich eingeräumte Beurteilungs- und Handlungsspielräume, wo beginnt situative Souveränität, die über die juristische Vorstellung der bloßen Ermessensausübung weit hinausreicht?
Eng damit verbunden ist eine Kritik nicht nur der Polizeigewalt, sondern der Polizei selbst. Etwa im Rahmen der black-lives-matter-Bewegungen wurden zunehmend Perspektiven und Kritiken marginalisierter Gruppen laut. Feministische Perspektiven und antirassistisch-postkoloniale Blickwinkel auf Polizei bringen dabei sehr grundlegende Kritiken hervor. Verbunden damit werden wieder mehr Kritiken an Polizei diskutiert, die Polizei als ein spezifischer Regierungsmodus zur Eliminierung alles Unproduktiven (Foucault), Hegemonieapparat (Gramsci), Subjektivierungsregime (Althusser) oder selbstständiger Souverän (Agamben) teils sehr grundlegend in Frage stellen.
-----------------------------------------------------
Mit Moritz Assall, Jurist und Kriminalsoziologe